Der Anninger - Literatur

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Theaterstücke

Einige Theaterstücke werden in Zusammenhang mit der Burg Mödling in [Skr] S.21f erwähnt, siehe auch [Luk] S.198:

Der Burggeist von Mödling, oder Agnese von Staffelberg, eine Geistergeschichte und romatisches Fantasiegemälde mit Gesang und Maschinerie, frei bearbeitet von Josef Pfanner, am 29. März 1800 im Josefstädter Theater aufgeführt.

Der Teufelstein in Mödling von Hensler, Musik von Wenzel Müller, aufgeführt in der Leopoldstadt am 18. Dezember 1800.

Die Polterhexe vom Lichtenstein, komisches Volksmärchen in drei Akten, Musik von B. F. Tuczek, aufgeführt in Pest im Jahr 1816.

Die Klause bei Mödling, romantisches Ritterschauspiel in fünf Aufzügen, aufgeführt am 8. August im Theater an der Wien.

Der Ring des Ofterdingen, Lustspiel in vier Aufzügen und ein Vorspiel von Wilhelm von Wartenegg, Erstaufführung am 12. März 1891 am Volkstheater in Wien, spielt im 13. Jahrhundert auf der Burg Mödling zur Zeit Gertruds. (Kommentar von Arthur Schnitzler dazu: Unerhörter Schund.)

Die folgende Anzeige erschien am 6. Jänner 1900 in der Mödlinger Zeitung ([MöZ] S.5):

Theater: Samstag den 6. d. M. kommt die Gelegenheitsposse "Die Bekanntschaft in der Hinterbrühl und die Entführung am Anninger und die Verlobung in der Bieglerhütte" zur Aufführung. Diese Posse, welche reich mit Gesangsnummern ausgestattet ist, ist so reich an komischen Situationen, daß dieselbe auf den ärgsten Hypochonder zwerchfellerschütternd wirken muß.

Ebenfalls in der Mödlinger Zeitung wurde am 1. September 1907 ([MöZ] S.4) verlautbart:

Theater: Samstag kommt zum Benefize des verdienstvollen Spielleiters und Schauspielers Herrn Karl Blumau ein Reoul unter dem Titel: "Das lachende Mödling", mit einem Vorspiel "Im Olymp, grad ober dem Anninger", verfaßt vom Benefizianten, zur Aufführung. Herr Blumau hat durch seine prächtigen Leistungen und durch seine geschmackvollen Inszenierungen den Dank der Theaterbesucher verdient, welche wohl äußerst zahlreich ihm seine Sympathien dokumentieren dürften.


Sagen

Auch in Sagen spielt der Anninger eine Rolle. Über den Frauenstein, den nordöstlichen Ausläufer des Anninger, wird berichtet, dass dort einst drei Frauen hausten, Großmutter, Mutter und Tochter ([Luk] S.161f, [Jan2] S.43, [Sti] S.72). Ursprung der Sage ist wahrscheinlich die Verehrung von Muttergottheiten.
Darüber in der Mödlinger Zeitung vom 3. Dezember 1904 ([MöZ] S.4) erzählt, wobei im Original auch der Zusammenhang mit den Nornen der germanischen Mythologie ausführlich erläutert wird:

Am Frauenberge wohnten einst drei wunderliche Frauen, deren Hütten zwar nebeneinander, aber ganz seltsam beschaffen waren. Die älteste wohnte nämlich in einem Hause unter der Erde wie in einem Grabe. Die zweite, die Tochter der Alten und die Mutter der Dritten, in einer Hütte ganz im Grünen, die jüngste, ein Kind der Liebe, in einem Neste, nahe dem Himmel. Alle drei Frauen aber, ober, auf und unter der Erde, spannen Flachs und die, welche in der Hütte hauste und noch am meisten verträglich war, sagte den Leuten allerlei nützliche Dinge. So war die eine darob bald in der ganzen gegend hoch geschätzt, doch die beiden anderen beachtete man kaum. Denn die eine wohnte für die Leute zu tief und die andere zu hoch. Da kamen einst drei Wanderer aus ferenm lande, Großvater, vater und Sohn und hörten von den seltsamen Frauen am Berge und da sie nimmer weiter wollten, beschlossen sie, um die drei Frauen, Großmutter, Mutter und Tochter zu werben. Der eine war ein alter Arzt, der andere ein kühner Jäger und der jüngste ein froher Sänger. Als sie auf dem Frauenberge ankamen da fanden sie auch die drei Hütten, über, auf und unter der Erde und alle drei Frauen zu Hause.

Die eine grub, die andere spann und die jüngste sang. Das gefiel den Freiern und sie baten um einen Unterstand für drei Tage Rast; und das Nestkind nahm den Sohn, die Hüttenfrau den Vater und die ganz Alte den Großvater gar gastlich auf. Der junge Sänger sang voll Glück unter dem Lotterbettchen seiner Holden gar schöne Liebeslieder, der tapfere Jägersmann half dem Hüttenweibe bei aller Arbeit und der gelehrte Arzt grub mit der ganz Alten nach heilsamen Wurzeln und Pflanzen.

Und als der dritte Tag verging, da fanden die drei Männer so viel Gefallen an den Frauen, daß sie für immer bei denselben bleiben wollten und sie blieben dreimal drei Tage ohne zu gehen.

Als der Jüngste nun die Jüngste frug, ob sie sein Eheweib werden wollte, da hatte diese allerhand Ausreden auf die Mutter und als der Aelteste um die Großmutter warb, auch diese wieder die gleichen auf die Tochter und so kam kein ehelicher Handel zustande. Nir die Tochter der Alten und die Mutter der Jungen ließ sich jicht bitten, denn sie war nicht glücklich und nahm den fremden Jäger zum ehelichen Manne. Als aber diese beiden von der Hochzeit nach Hause kamen, waren die anderen Frauen verschwunden und als der Arzt mit dem Sänger betrübt auf die Suche gingen, da erfuhren sie zu ihrem Schrecken, daß sie nicht dreimal drei Tage sondern dreimal drei Jahre am Frauenberge gewesen.

Eine andere Sage erzählt von einer bösen Riesenfamilie, die durch eine große Flut bestraft wurde. Die Scherben des Tafelgeschirrs dieser Familie wurden am Frauenstein gefunden ([Luk] S.163f, [Sti] S.72). Tatsächlich wurden dort Tonscherben gefunden, Reste von Gefäßen aus der Hallstattzeit.
In der Mödlinger Zeitung vom 13. August 1904 ([MöZ] S.4) wird folgende Variante der Sage erzählt:

Auf dem Anninger wohnte in alter Zeit eine Riesenfamilie, welche zum Schrecken der ganzen Umgebung alle Leute an Leib und Leben gottesjämmerlich bedrohte. Als die Riesen nun eines Tages wieder ein Zechgelage abhielten und zum Kurzweil bei der Tafel einen im Walde erwischten Bauern zu tote martern wollten ... erzitterte der ganze Berg in Feuer und der Himmel öffnete alle Schleußen. In dem schrecklichen Kampfe zwischen Feuer und Wasser kamen die Riesen um, der Bauer aber war wie durch ein Wunder gerettet. Das Tafelgeschirr der Riesen aber schwamm mit dem Wasser wie Hobelscharten zu Tal und blieb am Frauenberg bei den drei Wetterkreuzen stehen, wo es noch liegt. (Erzählt 1868 von dem Waldübergeher Dehne.)

Der Riese Bockerlfraß hauste einst bei der Breiten Föhre. Er verschleppte eine schönes Weinhauerstochter und wollte sie zu seiner Frau machen. In ihrer Verzweiflung erhielt sie von einem Eichkätzchen einen Rat: "Wenn innerhalb dreier Tage niemend von der Breiten Föhre ein Bockerl nimmt, dann werde ich die Deine." Der Riese passte höllisch auf, übersah aber das Eichkätzchen, das ihm am Ende des dritten Tages die abgenagten Bockerlreste an den Kopf warf. Wütend schleuderte der Riese Steine ins Tal, die noch heute dort liegen. Eine ähnliche Sage berichtet vom Eichelwart auf dem Anninger. ([Foe3] S.19, [Link...])
In der Mödlinger Zeitung vom 3. Dezember 1904 ([MöZ] S.4) wird ebenfalls darüber berichtet:

Am Anninger haust eine gigantische Erscheinung, ein Geist (des Berges), der sich von Zeit zu Zeit in Menschengestalt zeigt, wenn er dazu Lust und Liebe fühlt. Der Geist heißt Bockerlfraß (in neuerer Zeit auch Eichelwart) und bekam diesen populären Spottnamen dadurch, daß er einst ein Mädchen entführte und dieses ihm Liebe versprach, wenn er in drei Tagen sich keinen einzigen Zapfen (Bockerl, Frucht der Föhre) oder keine einzige Eichel rauben lassen würde. Während nun der Geist freudig unter der Föhre oder Eiche Wache stand und jedes Menschenkind eiligst verscheuchte, fraß ein Eichkätzchen am Baume eine Frucht um die andere und das geängstigte Mädchen war frei. Seit dieser Zeit treibt der Geist in wilder Wuth um das verlorene Mädchen sein Unwesen und schafft bald Gutes, bald Böses, von dem gar mancher schon ein Stücklein zu erzählen wußte.

Im Zusammenhang mit der Breiten Föhre gibt es einige Sagen und Legenden ([Rin] S.113). Eine gute Fee soll dort gehaust haben, die Kinder beschenkte. Der Riese Bockerlfraß wurde (im gegensatz zur oben erwähnten Sage) auch als kinderliebend beschrieben, der die Guten belohnte und die Bösen bestrafte. Drei alte Weiber (vgl. Sage vom Frauenstein) bzw. eine gute Hexe sollen bei der Breiten Föhre gehaust haben.

Eine Sage berichtet von einem großen See im Inneren des Anninger. Damit wird die Existenz der Quellen am Anninger erklärt.

Auch über die Pecher und ihre Arbeit in den Föhrenwäldern des Anninger gibt es Sagen, zum Beispiel diese:
In der Hinterbrühl lebte ein zufriedener Pecher. Sein Nachbar war ein unzufriedener Imker, den die Zufriedenheit des Pechers störte. Daher stiftete er seine Bienen an, das mühsam gesammelte Harz des Nachbarn zu stehlen. Bald war ihm aber auch das zu wenig. Wie in vielen Sagen kam dann der Teufel ins Spiel in der Imker bezahlte seine Bösartigkeit mit dem Leben. ([H59/60] S.136f)

Am Hexensitz oberhalb der Höldrichsmühle hausten Hexen. Sie zwangen den Müller, in der Walpurgisnacht durchzumahlen ([Jan2] S.44).

Nach einer Sage haben schwarze Hunde auf dem Dreistundenweg, der von der Goldenen Stiege zum Hexensitz führt, Frauen erschreckt ([Jan2] S.19). Ein schwarzer Hund spielt auch in [Hah] eine Rolle (S.99, S.105).

In der Mödlinger Zeitung vom 2. Juli 1904 ([MöZ] S.3) wird über Sagen am Anninger u. a. folgendes geschrieben:

Die Breite Föhre ist das Wahrzeichen von Mödling und nach einer Sage haust dort eine Fee, die gute Menschen beschützt, ihnen freundlich Gaben spendet, dagegen böse hart bestraft. Freilich wurde die Verehrung auf diesen wohl mehr als fünf Jahrhunderte zählenden Baum erst in späterer Zeit übertragen, denn früher war es die Breite Eiche auf dem Anninger, welche einer Gottheit geweiht gewesen sein soll. Der Anninger auber spielte von jeher eine besondere Rolle, manche Sagen, die mit ihm in Verbindung stehen, sind noch heute im Schwunge, und selbst Mödling wurde früher auch "Anningerfleckchen Medling" genannt.

Es scheint übrigens in germanischer Zeit auf dem Anninger oder vielmehr dessen Vorbergen ein heidnisches Paradies, Seelenreich, Totenreich oder Rosengarten gewesen zu sein, der Eingang zu diesem ging durch das Eisentor (in Mödling Eisentorgasse, einst daselbst das Eisentor, eines der Markttore), Eisentore schließen die Hel, eine dem freundlichen Totenlande vorliegende sumpfige Örtlichkeit, im Norden ab. Daselbst herrscht furchtbare Kälte, darum Eistor oder Eisentor; der Weg ins Seelenreich aber ging durch das Tal des Windes, wo der Windriese Wache hält; Windtal hieß einst das Prießnitztal. Die Eisenbertha beherrschte dieses Reich oder auch die weiße Frau; letztere spendet die Maiblume welche die zu ihrem Schatze führende eiserne Pforte öffnet, vielleicht war das Maibründl der weißen Frau oder Frau Holle zu eigen. Schwarze Hunde bewachen die Schätze; drei schwarze Hunde sieht man auf dem Dreistundenweg.


Romane

Hans Heinz Hahnl erzählt in seinem Roman Die Einsiedler des Anninger die Lebensgeschichten von fiktiven Einsiedlern auf dem Anninger, Details unten.

Josef Weinheber [Link...] war Zögling des Hyrtl'schen Waisenhauses [Link...] in Mödling. In seinem autobiographischen Roman Das Waisenhaus wird zwar der Name Mödling nicht erwähnt, es wird jedoch von einer Burschenschaft Anningia berichtet - ein deutlicher Hinweis darauf, wo sich das Waisenhaus befindet.

Beginn des Kapitel 15. ([Wei] S.186ff)

In dem kleinen Saal im Schulhof, der untertags als zweites Musikzimmer diente, saß die Korona der ehrenfesten und "geheimen" Burschenschaft "Anningia". Zugegen war die ganze Sexta bis auf Treffeis, die Septima war vertreten durch Schaffranek, Luft, v. Gleiwitz und Streb, alle vier in Zivil, wie es der Septima zukam, von Quinta waren da die "Fuchsen" Skarda, Haberl und einige andere, die ihrer burschenschaftlichen Unbedeutendheit halber nicht genannt zu werden brauchen. Es waren diejenigen, welche, wenn sie nicht in einemfort redeten, am lautesten "Gaudeamus" brüllten. Der "Bursch" Hummer saß da, präpotent und sebstbewusst, und der Konservatorist Gneier drückte sich bescheiden in seinen Sessel, als Gast: Weil Konservatorium nicht vollwertig war, so daß er nicht eimal Fuchs, geschweige denn Bursch werden konnte.

Schaffranek saß am Flügel, der außer dem langen Tisch, daran die Korona saß, so ziemlich das einzige Möbelstück in dem kahlen Raum darstellte, wenn man von den paar Notenständern, dem langen Tisch und dem obligaten Kaiserbild absah, das aus seinem über und über fliegenverdreckten Rahmen mild und stumpfsinnig in die Welt blickte.


Gedichte

In der Nähe der Einöde ist im Großen Kiental an einem Baum eine Tafel mit einem Gedicht angebracht. Es bezieht sich nicht direkt auf den Anninger, soll aber trotzdem hier angeführt werden. Der Autor ist leider nicht angegeben.

Doktor Wald

Wenn ich an Kopfweh leide und Neurosen,
mich unverstanden fühle oder alt,
wenn mich die holden Musen nicht liebkosen,
dann konsultiere ich den Doktor Wald.

Er ist mein Augenarzt und Psychiater,
mein Orthopäde und mein Internist.
Er hilft mir sicher über jeden Kater,
ob er aus Kummer oder Kognak ist.

Er hält nicht viel von Pülverchen und Pillen,
doch umso mehr von Luft und Sonnenschein.
Und kaum umfängt mich seine duft'ge Stille,
raunt er mir zu: Nun atme mal tief ein!

Ist seine Praxis oft auch überlaufen,
in seiner Obhut läuft man sich gesund;
und Kreislaufschwache, die noch heute schnaufen,
sind morgen ohne klinischen Befund.

Er bringt uns wieder auf die Beine
und unsre Seelen stets ins Gleichgewicht,
verhindert Fettansatz und Gallensteine,
bloß - Hausbesuche macht er nicht!

Im Jahr 1904 erschien in der Mödlinger Zeitung unter dem Titel Anninger-Poesie eine Serie von eher seltsamen Beiträgen über zwei Phantasiegestalten namnes Herr Schauferl und Longinus, auch "Pülcher" genannt. Zum Beispiel war in der Ausgabe vom 30. Jänner 1904([MöZ] S.3) unter dem Titel Aus einem Fremdenbuche (= Hüttenbuch des Anningerhauses) folgendes Gedicht zu lesen:

Der "Pülcher" macht Reklame für den Anninger

Herr Schnauferl hat ein böses Weib,
Die drückt ihm schwer auf Seel und Leib.
Gekeif' ist seines Geistes Nahrung,
Sein Wanst verschrumpft bei Brod und Harung.

Er klagt's dem "Pülcher": "Liebster Freund!"
Und fällt ihm um den hals und weint,
"Ich kann's nicht längermehr ertragen,
zu schwer leid' ich an Schlund und Magen!"

"Blunzhilde, dieser alte Drache,
erfüllt mich ganz mit Gift und Rache.
Ein Unglück g'schieht! Du wirst es sehn;
So kann es nimmer weiter gehn!"

Der "Pülcher", mitleidsvoll wie immer,
Spricht: "Wegen einem Frauenzimmer
Wird doch ein Schnauferl nicht verzweifeln?
Jag' deine Fee zu allen Teufeln."

"Sie geht Dir nicht?! - Dann mach's wie ich,
So lebst Du wahrhaft königlich:
Steig täglich auf den Anninger,
dann plagt kein böses Weib dich mehr."

"Dann blüh'st du auf wie eine Rose,
zu eng wird Dir Gilet und Hose.
Zwar schadet's deinem Portemonnaie,
Na! Das ist doch das kleinste Weh!"

Longinus, der "Pülcher" vom Berge


Quellenangaben

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[BouWir] Robert Bouchal, Josef Wirth, Verborgener Wienerwald - Vergessenes, Geheimnisvolles, Unbekanntes, Pichler Verlag, 2003
[ChiKar] Walter Chiba, Peter Karanitsch, Mödling - Historische Stiche, Veduten & Zeichnungen, Heimat Verlag, 1998
[DanHei] Michael Danzinger, Bettina Heiss, Burg Mödling - Geschichte, Herrschaft, Rekonstruktionen, Selbstverlag, 2007
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[Foe3] Gudrun Foelsche, Das Volkskundemuseum, medilihha, Schriftenreihe des Bezirks-Museums-Vereines Mödling, Nummer 91, März 1995
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[LdB] Land der Berge, Das österreichische Outdoor-Magazin, LW Werbe- und Verlagsgesellschaft
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[WalKuc] Ilse und Georg Waldner, Heide Kucera, 1100 Jahre Mödling - Die Geschichte einer Stadt, Stadtgemeinde Mödling, 2003
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[WVF] Festschrift, 20 Jahre 1. Mödlinger Wanderverein Föhrenberge, Eigenverlag 1992


Die Einsiedler des Anninger

In diesem Roman [Hah] werden Lebensgeschichten und Ansichten von fiktiven Einsiedlern erzählt, vom 18. bis zum 20. Jahrhundert auf dem Anninger gelebt haben sollen. Diese Einsiedler lebten nicht in völliger Abgeschiedenheit, sonst gäbe es wohl nicht viel zu erzählen, sondern suchten immer wieder Kontakt zu Menschen, besonders zu Frauen. Von Überfällen auf Holzsammlerinnen und anderen Übergriffen wird berichtet.

Einige werden auch namentlich erwähnt:
Der Dichter Zins, auch Sinz genannt.
Fraunwallner, der nach der Frau an sich strebte.
Knoll, der mit einer taubstummen Bedienerin, die ihm Haus, Küche und Bett versah, in einer Villa am Gaadener Hang hauste, den Keller voll Wein und Tabak, mit einer soliden Bibliothek.
Haymo, der zumindest zeitweise im Wald lebte, und Steiner, der in Wien, eingeschlossen in einer Glocke aus Lärm und Abgasen, als Einsiedler lebte.
Weiters Gur, Taube, ...
Auch der aus Sagen bekannte schwarze Hund wird erwähnt.

Im folgenden einige Zitate aus dem Roman:

Über die Motive der Einsiedler vom Anninger befragt, kann ich nur antworten, dass die Hoffnung, meine mangelhaften Kenntnisse damit zu vergrößern, mich zu diesen Aufzeichnungen veranlasst hat. ...

Die Frage hat uns immer schon beschäftigt, was die Einsiedler zum Anninger gezogen hat. Warum sind sie nicht auf den abgelegenen Bisamberg, auf den Hohen Lindkogel, auf dessen Rücken die süßesten und würzigsten Erdbeeren wachsen, oder auf den Ötscher? Weil der Anninger, sagt Haymo - der zwischen seinen zwei Einsiedlersommern den Anninger gemieden hatte, aus einem unentwirrbaren Bündel uneingestandener Motive -, der Einsiedler unter den Wienerwaldhügeln ist. Eine Antwort, die viele als paradox empfanden, etwa in Erinnerung an die Biedermeierzeit, als der Anninger der Lieblingsberg der Wiener war und sie zur Eremitensaison, also in den sommerlichen Ferienmonaten, scharenweise hinauszogen. ...

Tatsächlich wächst hier der beste Wein der Welt, ein etwas profanes Motiv, das man aber doch nicht ganz von der Hand weisen sollte. Doch kaum eine Wegstunde von der Ebene kürzt der Anninger diese Lieblichkeiten barsch mit seinen Buschwäldern ab und verliert sich dahinter stundenlang in Wald, der heimtückisch von kreuz und quer laufenden Gräben durchsetzt ist, deren System auch erfahrene Anninger-Einsiedler niemals ganz durchschaut haben. ...

Warum ziehen wir uns auf den Anninger zurück, warum hat die Einsamkeit diese unwiderstehliche Anziehungskraft? Wir flüchten vor den unausprechlichen Bestialitäten, die man uns, als menschlich getarnt, zumutet. Wenn die Einsiedlerexistenz also der Gipfel der Nicht-Menschlichkeit ist, dann muss es unser Besreben sein, die Höhepunkte dieser Einsiedlerexistenz zu erforschen. ...

Die pathologischen Einsiedler nehmen fast immer ein trauriges Ende. Ich begnüge mich für diesmal mit dem Hinweis auf Taube, den Pilzkenner. Es gab liedenschaftliche Pilzsucher und große Pilzkenner unter den Einsiedlern des anningers. Taube trieb es auf die Spitze. Die Neugierde, ob heute frische Apfeltäublinge aus dem Boden gekommen seien, den er für keine anderen Schwammerlplatz jemand verraten hätte, die bergierde nach Pfefferröhrlingen, um damit seine Käseomlette zu würzen, die Lust auf Morcheln, Rüblinge, Ritterlinge, Röhrlinge, Dickfüße, und Milchlinge trieb ihn jeden Tag auf den Anninger, er schwänzte sein Büro, um eine Totentrompetenernte einzubringen, er vernachlässigte seine Familie für Stockschwämme, kündigte schließlich, zog von zu Hause aus und verschlampte sogar den Scheidungsprozess, weil es damals herrliche Rotkäppchen gab und köstliche frische Schmierlinge. ...

"Wir Einsiedler" heißt das, was natürlich schon ein Widerspruch in sich ist. Denn Einsiedler gibt es, wiewohl ein Plural gebildet werden kann und vom Historiker gebildet werden muss, nur in der Einzahl. ... Zwei Einsiedler auf dem Anninger? Unmöglich. Es gibt zwei Wirtshäuser, zwei Aussichtswarten, aber es hat allemal nur einen Anninger-Einsiedler gegeben. ...

Es hat Einsiedlermütter gegeben, die haben ihre Söhne verleugnet. Wenn sie direkt darauf angesprochen wurden, dass man sich sehr wohl noch des Knaben im Matrosenanzug erinnere, murmelten sie etwas von Emigration, unschuldiger Verurteilung, frühem Tod oder Spitalsaufenthalten nach Unfallserien. ...

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Einsiedlerberge gibt es in aller Welt, den Anninger nur in den Bezirken Baden und Mödling. ...

Haymos Landschaftsgedicht lautet:
Mein Landschaftsgedicht handelt nicht von Bäumen und Wiesen,
es handelt von den Ideen, die ich von den Glockenblumen beziehe,
und der Klärung meiner Gedanken, die ich Nebelfeldern verdanke
es besteht aus den Zweifeln, die mein Schatten wirft,
ich wandere nicht, um meine Gedanken zu vergessen,
sondern um sie wiederzufinden. ...

Gur war ein wahrhafter Einsiedler. Sein Unterschlupf war in eine Astgabel auf einer kräftigen Eiche hineingebaut. Im Sommer durch natürliches Laub unsichtbar, gab er ihm im Winter den Anschein eines Jägerstandes. Es soll deshalb einmal zu einem erbitteretn rechtsstreit zweier Jagdpächter gekommen sein, ohne dass natürlich aktenkundig wurde, dass es sich um eine Eremitage handelte. ...

Schulaufsatz von Gur über das Thema "Mein Lieblingvogel"
Mein Lieblingsvogel ist die Krähe. Warum? Sie sitzt allein auf dem Wipfel einer Tanne. Die Spatzen sind gesellig. Man sieht sie auf dem Telegraphendraht aufgereiht. Ebenso die Möwen. Wenn man ein Rebhuhn schießt, flattern sieben andere auf. Die Singvögel singen einander immerfort an. Das gefällt mir weniger. Die Krähe sitzt auf dem Wipfel der Bäume, aber niemals auf dem Dachfirst. Sie meidet menschliche Gehäuse. Auf unserer alten Pappel hat sie beispielsweise Ausblick nach allen Seiten, sie ist unbelästigt von anderen Vögeln und Menschen. Ich stelle mir das sehr schön vor. Ich habe manchmal den Wunsch, eine Krähe zu sein, um auch auf einem Baumwipfel sitzen zu können. Meine Mama erlaubt das nicht. ...

Denn dazwischen kommt immer etwas, selbst einem Einsiedler auf dem Anninger, und wenn es nur ein Wanderer ist, der seine Meditation stört, ein fallendes Blatt, das einen Gedanken abschneidet und die ersehnte Ruhe wie eine Explosion zerreißt. ...

Unfreiwillige Einiedler, pflegte Haymo zu sagen, können mir nicht imponieren. Ich studiere sie, um ich von ihnen abzugrenzen. Ich lerne aus ihrem Fehlverhalten. Ich erkenne meine Tugenden und Laster in ihren Übertreibungen. ...

Am 8. Juni 1929 ereignete sich etwas Seltsames. Ein Mann verschwand. Wei sich herausstellte, hatte er am Tag zuvor Fahrkarten von allen Wiener Kopfbahnhöfen besorgen lassen. ... Ist er auf dem Anninger?, lautet natürlich die erste Frage. Dann läge die Südbahn nahe. Er kann in Mödling, in Baden oder in Gumpoldskirchen aussteigen, und wenn er einen Schnellzug nimmt, der hier durchfährt, kann er in Wiener Neustadt umsteigen und mit einer Lokalbahn zurückfahren, wie wir das von Gur kennen. Man kann aber auch, um jemanden irrezuführen, von der Westbahn eine Wanderung durch den Wienerwald antreten, eine Wanderung, auf der man seine Gedanken sammeln kann. Man kann die Trennung von der Welt noch eine Weile hinausschieben, sich an die Einsamkeit gewöhnen, um dann die Entscheidung zu treffen: auf den Anninger oder mit der Badner Bahn heimkehren. ...

Ich kann nur eines nicht ausschließen: dass er auf dem Schöpfel hängen geblieben oder auf den großen Buchberg ausgewichen ist. Das halte ich für möglich, wenngleich sie, der größte und der lieblichste Wienerwaldgipfel, es nicht mit dem Anninger aufnehmen können, nicht mit seinen eingebuchteten Seitentälern, nicht mit seinen Mischwäldern, nicht mit seinen Weingartenflanken - wo sonst wächst noch der Spätrot-Rotgipfler, der Zierfandler? -, und worauf es ankommt, nicht mit seinen unzugänglichen Plätzen und schon gar nicht mit seiner Tradition. Wenn sonst nichts, die Tradition spricht für den Anninger. ...

Das Verständnis für Finanzfragen lässt nach, aber der Sinn für Geräusche, Gerüche, Farben schärft sich. Es ist natürlich im Oktober schon feucht auf dem Anninger, aber wer vor Haymo hat schon diese Stufenleitern von Gelb, Grün, Rot gesehen? Wer diese Sonnenauf- und -untergänge? Du verlernst ja alle Manieren, hatte eine Mutter ihrem Einsiedler-Sohn vorgeworfen, als er sie in den Wintermonaten besuchen kam. "Ich lerne dafür riechen!" Was soll eine Mutter mit solch einer Antwort anfangen? ...

Die Geschichte der Anninger-Einsiedler kennt kein Beispiel bewiesener Standfestigkeit, das sich mit dem des heiligen Antonius vergleichen lässt. Versuchungen, Anfechtungen, Erscheinungen nackter Frauen in unzüchtigen Positionen wird es wohl gegeben haben. Aber wer erzählt das schon weiter, wenn er kein Heiliger ist? Man schaut hin oder man schaut weg, man greift danach, ernüchtert sich oder regt sich auf, basta. ...

Die Frage, ob man das Märchen von Hänsel und Gretel auf dem Anninger lokalisieren kann, hängt sehr wohl mit den Einsiedlern zusammen. Ich danke da an Brunella als Hexe. Der Weg, der in der Grimmschen Fassung des Märchens beschrieben wird, der mit den Hirsekörnern, hat manche Ähnlichkeit mit der blauen Markierung, die von der Einöde auf das Plateau führt.
Nicht auf Vermutungen angewiesen sind wir bei jenen Märchen und Sagen, die aus der Anninger-Gegend stammen. Hier begegnen wir immer wieder dem großen schwarzen Hund. ...
Zu den Einsiedlerverleumdungen gehört es, dass der große schwarze Hund als Mädchenräuber dargestellt wird. Ich habe Einblick in eine alte Badner Privatchronik. Da finde ich unter dem 24. Junius 1567 die Eintragung: "Wieder ein Kindchen verschwunden. Der Hund war in der Einöd." Zweieinhalb Jahrhunderte später tauchte das Gerücht vom mädchenverschleppenden Hund verstärkt neuerlich auf. ...

Gut, es gibt Einsiedler aus verschiedenen Motiven. Menschenfreundlichkeit ist vielleicht häufiger als Menschenfeindlichkeit. Trauer über die Menschheit hat schon mehr Leute auf den Anninger getrieben als Genugtuung über ihre Vollkommenheit. Wer die Menschen nicht mag, hält sich am besten unter ihnen auf, um seinen Hass zu nähren. Er hat dann mehr von seinen Abneigungen. Er findet täglich, stündlich, minütlich Anlass zur Befriedigung seiner Passion. ...

Das ist ja einzusehen, dass ein Zentrum wie der Anninger Trabanten anzieht. Wer den Anninger besetzt findet, geht auf den Hohen Lindkogel, ein Massiv, das im Norden nicht zufällig von Mayerling bewacht wird, einer Eremitage, die aber geradezu ein mit drei Sternchen versehenes Schulbeispiel für die Entartung einer Einsiedelei zu einer touristischen Sehenswürdigkeit ist. Möglicherweise war das nicht vorauszusehen, als das Kloster gegründet wurde, in Sichtweite des Anninger. ...

es gab Zeiten, da wetteiferte man mit seinen Einsiedlern. Wir haben einen Einsiedler, ihr nicht. Wir haben auch einen Einsiedler! Der Bisamberg und der Bierhäuselberg, der Ötscher und das Hochkar, das Stuhleck und die Pretulalpe jagten einander die Einsiedler ab. Der Anninger blieb und bleibt da außerhalb. Er ist und war, was Einsiedler betrifft, immer das Besondere, das Außergewöhnliche. ...

Bei der Gelegenheit möchte ich noch einen literariscehn Plan Haymos verraten: ein Buch über berühmte Einsiedler. Re hat es nun einmal mit der Paradoxie. Er denkt dabei an erfundene Biographiene von Einsiedlern, die wider Willen berühmt geworden sind, und dann an echte Biographiene von berühmten Leuten, die alles getan haben, um ihren Drang zum Eisniedler zu unterdrücken, aber schließlich doch in der Einsamkeit gelandet sind, in einer unfreiwilligen allerdings, in einer erzwungenen Einsamkeit, zu der aller Ruhm führt, wenn man die Rachegelüste befriedigt hat, die das nur beschleunigen. ...

Später wichen die Mödlingerinnen jedem, der auch nur entfernt nach Einsiedler aussah, aus beziehungsweise liefen ihm nach. Echte Einsiedler sind auf diese Weise in wahre Verlegenheit gekommen, in peinliche Situationen, bei denen sie sich entweder auf der Wachstube oder in der Wochenstube wiederfanden. ...

Damals ging Gur zum zweitenmal auf den Anninger. Er erwartete niocht , dort zu erfahren, wer er war. Aber er dachte, dass er Zeit haben würde, darüber nachzudenken. Oder doch in seinen Gedanken nicht gestört zu werden. Oder überhaupt nicht zu denken, aber darin nicht gestört zu werden. Jedenfalls würde er Ruhe haben. ...

Haymo hat einen Dialog nach dem Leben geschrieben, der das (aneinander Vorbeireden) auszudrücken versucht: "Was machen wir am Sonntag?" fragt die Frau. Er sagt: "Die Liebe ist im Miteinander begründet." - "Was, schon wieder auf den Anninger?" - Er: "Wir gehen selbstverständlich miteinander." - "Aber auf dem Anninger waren wir doch erst unlängst?" - "Allein", sagt er, "macht mir der ganze Anninger kein Vergnügen." - "Du hörst mir schon wieder nicht zu!" - "Der Dialog", antwortet er... - "Wir wollen ins Kino!" "...macht die Demokratie." ...

"Schauen Sie sich um, wohin Sie sich gegebenenfalls zurückziehen können. Nirgends steht geschrieben, dass sich jeder Abschnitt Ihres Lebens vor der Öffentlichkeit abspielen muss."
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Haymo und Steiner, die den Vorwurf, ihre Freundschaft sei zumindest eine Zweisamkeit, damit zu netkräften pflegten, dass sie eigentlich nur zwei Seiten desselben Ichs seien, dass sie zwei Möglichkeiten der Einsiedelei darstellten, die Einsamkeit der Stille und die Einsamkeit des Lärms, die Isolierung der Leere und die Isolierung der Überfüllung, gingen manchmal unter Menschen, um beispielsweise die Mitglieder eines Orchesters, das Zufallspuplikum eines Kaffeehauses oder des Pausenaslons darauf anzusehen, wer hier, wenn überhaupt einer vorhanden war, zum Einsiedler geboren sei, wer den Instinkt in sich unterdrückt habe, in wem noch der Keim steckte, wer sich in die innere Eremitenemigration zurückgezogen hatte bei äußerlicher Jovialität, wer soeben einen Rückfall in das Leben genoss oder überwand. ...

Kroll, der Epikureer, pflegte zu sagen: Wenn mich die Versuchung überwältigt, in die Welt zurückzukehren, unterhalte ich mich mit jemand. Egal, wer es ist, in fünf Minuten hat der mich wieder in meine Einsamkeit zurückgestoßen. ...

Kroll spielte als junger Mann Klavier. Immer nur Tonleitern. Den ganzen Flügel entlang. Die Tonleiter als Fluchtweg, einmal in die Tiefe, einmal in die Höhe. Bis es nicht mehr weiter geht. Aber man stößt ja immer wo an. Irgendwo ist Schluss. Das Ohr macht nicht mehr mit, der Magen streikt, das Gefühl erlischt, der Körper streckt die Glieder. Von Herz und Lunge nicht zu reden. Lust hat ein Ende. Kroll gab das Klavierspielen auf, er hatte es nur als Vorschuss auf eine Einsiedele angesehen. ...

Eines dieser Gerüchte hat sogar Schubert mit den Waldhorntiraden in der Krollschen Ruine auf dem Annibnger in Verbindung gebracht. Das ist natürlich Unsinn. Schubert hat vor Kroll gelebt und kann deshalb nicht in den Ruinen seines Hauses geblasen haben, er hat unseres Wissens überhaupt kein Blasinstrument beherrscht, sondern Klavier gespielt. Die Verwechslung stützt sich auch diverse Schubert-Eichen und Schubert-Buchen in der Gegend, beglaubugte Schubert-Aufenthalte in der Höldrichsmühle und seine erwiesene Einsiedlergesinnung, die er bekanntlich sogar schriftlich niedergelegt hat: "Keiner, der den Schmerz des anderen, und keiner, der die Freude des anderen versteht. Man glaubt immer nur zueinander zu gehen, und man geht immer nur aneinander vorbei." ... Selbst die Winterreise in die Einsamkeit des Anninger wurde als ein Ausflug missverstanden, bei dem die Gesellschaft zufällig abhanden gekommen war. ... Schubert denke ich, hat der frühe Tod den Anninger erspart. Aber den Blick hatte er auf ihn gerichtet. ...

Dem allgemeinen Wunsch nach Schilderung des Tagesablaufes eines Einsiedlers nachzukommen, würde voraussetzen, dass es hier eine Regel gibt wie bei einem Orden oder doch so etwas wie eine Übereinkunft. Davon kann keine Rede sein. Jeder lebt wie er mag. Sonst hätte er ja nicht auf den Anninger zu gehen brauchen. ...

Ja, eine Generallösung ist das Einsiedeln nicht, geschweige denn eine Erlösung. Da muss man sich schon anch etwas anderem umschauen. Dafür gibt es Religionen und Ideologiene. Einsielen heißt, sich auf sich selbst zu verlassen, und dieses Selbst ist ein unsicherer Kantonist. ...

"Der wahre Einsiedler ist der Erfolglose", heißt eine der wenigen überlieferten Maximen Steiners. Steiner gibt immer Konzentrate. Seine Sprüche haben etwas Lapidares, Suggestives. Sie ersticken jeden Widerspruch. Das kommt daher, dass er Erfahrungen verdichtet, bis sie in einem Satz, vielleicht in einem Wort gesammelt werden können. ...

Eine Einsiedlerbeschreibung
"Sobald seine Pflichten vorbei waren, eilte er ins Freie, am liebsten in den Wald, legte sich unter den ersten besten Baum, starrte unverwandt Wald und Himmel an, zog dann und wann ein weißes Blatt Papier aus der Tasche, schrieb darauf einzelne Worte... Jedem, der ihm unterwegs begenete, wich er von weitem schon aus, musste er aber einem Bekannten oder Freunde stillhalten, blieb er so einsielbig und kalt, dass man ihn gern bald wieder sich selbst überließ. Überhaupt suchte er niemals Umgang, sondern floh ihn vielmehr und galt deshalb für den größten Sonerling, mit dem niemand gern verkehrte. Wer ihn aber näher kennenlernte, fand stets Gelegeneheit, Geist und Witz an ihm zu bewundern." (Cloeter über Jean Paul) ...

Die Blitzlichter aus dem Leben von Anninger-Einsiedlern haben da ja schon manches enthüllende Licht indunkle biographische Abschnitte gebracht. Mindestens ebenso wichtig ist eine andere Einsicht Krolls, die geradezu eine Voraussetzung des Einsiedlerlenbens ist: dass man sich auf nichts als auf die eigene Schwäche verlassen kann. Deshalb die Taubstumme, deshalb der Weinkeller, der Tabakvorrat, die Bibliothek nebst Sammlung unanständiger Bilder (für alle Fälle), das bequeme Haus am schönsten Platz, die Ausflüge in die Mödlinger und Bedener Bourgoisie, gelegentliche Einkehr bei einer Bauernfrau. Die Verachtung der Welt schließt nicht die Verachtung ihrer Güter ein, die Verachtung der Menschen nicht gelegentliche Anlehnungen, die Inanspruchnahme gewisser Leistungen. ...

was unterscheidet die Einsiedler von den Mehrsiedlern? Diese Frage ist berechtigt. Sie wohnen allein. Sie denken allein. Sie essen allein. Was den Verdauungspunkt betrifft, ziehen ja die militantesten Gemeinschaftsmenschen die Einsamkeit vor. ...

Von einer Gruppe von Pseudoeinsiedlern ist noch zu reden, weil im Zusammenhang mit ihnen der Versuch unternommen worden ist, den Anninger als Berg der Einsiedler zu entthronen und durch eine Ideallandschaft, in welche, wie bereits kurz angedeutet, ein Fürst die liebliche Wald- und Wiesenwildnis des Wienerwaldes mit Hilfe von romanischen Burgen und römischen Ruinen verwandeln wollte, zu ersetzen. Einsiedlerstützpunkte sollten hier endgültig die Romantik einführen. Die Sache ist angeblich daran gescheitert, dass die Einsiedler, die sich beim Fürsten meldeten, allesamt als Kunstkritiker entlarvt wurden. Kroll ausgenommen, der aus erster Hand absagte. Der Fürst hatte an eine Art von Einsiedlerstationen gedacht: einer sollte im Turmzimmer der Burg Liechtenstein untergebracht werden, einer in der in einiger Entfernung davon angelegten römischen Arena zwei Zimmer mit Abtritt eingerichtet bekommen, also etwas, das man heute ein komfortables Appartement nennen würde, andere sollten auf die künstlichen Ruinen des Sparbacher Tiergartens verteilt werden. ...


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aktualisiert am 24-Nov-2023
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